Verhaftete Räuber

Vorwärts, 07.09.1920

Vorwärts, 07.09.1920, Verhaftete Räuber

Neuer Fund aus dem Jahre 1920

Wir haben den Fund dieser Zeitungsnachricht, wie auch anderer interessanter Erkenntnisse in den letzten Jahren, unseren forschenden Freunden des Artur-Streiter-Arbeitskreises zu verdanken. Bekanntlich haben wir unsere Recherche darauf konzentriert, möglichst viel Information über die Umstände und die Menschen zu sammeln und zu veröffentlichen, die in der Goldberg-Kommune zwischen 1920 und 1933 verkehrten oder mit ihr zu tun hatten. Hier taucht der Name eines jungen Arbeiters auf, Fritz Kanitz, 19 Jahre alt, der uns unbekannt war und der zwischen Mulackstraße und Mariendorf, den zwei Adressen der Kaverno, in den Anfangsjahren der Gruppe pendelte. Er muss also zur selben Zeit wie Artur Streiter in der Kommune verkehrt haben.

Heute handelt es sich um eine Nachricht aus der Zeitung “Vorwärts” vom 7.9.1920, die in der Rubrik “Verhaftete Räuber” erscheint. Im zweiten Teil dieser Nachricht befindet sich mit dem Untertitel: “Die neueste Ausrede!” folgende Geschichte über dieses junge Mitglied der Kaverno di Zaratustra:

Ertappte Einbrecher und Diebe versuchen es oft mit allen erdenklichen Ausreden. Eine ganz neue hat ein 19 Jahre alter Arbeiter, Fritz Kanitz, der in der vorvergangenen Nacht in der Münzstraße von Beamten der Sicherheitspolizei mit einem großen Bündel angetroffen wurde. Dieses Bündel enthielt ein ganzes Federbett mit Bezug, ein Kopfkissen, Hosen u.a.m. Der ertappte hat dies ohne Zweifel irgendwo gestohlen und war sicher auf dem Wege, die Sachen zu verschärfen. Er bestreitet das aber und will sich durchaus nicht strafbar gemacht haben. Wie er erzählt, gehört er mit noch zwölf anderen Personen beiderlei Geschlechts zu einer anarcho-kommunistischen Gemeinschaft, die zum Teil in der Mulackstraße bei einem Dr. Goldberg und zum Teil in der Kurfürstenstraße in Mariendorf wohne. Die Mitglieder der Gemeinschaft hätten sich jedes persönlichen Eigentums entäußert. Jedes Mitglied sei aber befugt, das gemeinsame Eigentum nach seinem Ermessen zu benutzen. Nur veräußern dürfe niemand etwas. Ihm habe es nun in dem Quartier in der Mulackstraße nicht mehr behagt. Deshalb habe er sich entschlossen, es bei Nachtzeit zu verlassen und nach dem Mariendorfer Heim überzusiedeln. Wo sich die Quartiere befinden, will er jedoch nicht sagen. Der Bezug des Federbettes ist mit einem eingestickten “M”, ein anderer Bezug und das Kopfkissen sind mit E.S. gezeichnet. Die noch unbekannten Bestohlenen können sich im Zimmer 81 des Polizeipräsidiums melden.”